Digitalisierung in der Landwirtschaft

Call for Input BAG-Sprecher*innen

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Industrie 4.0 ist in der Landwirtschaft schon lange angekommen. Autonomes Fahren ist für viele Bäuer*innen Gewohnheit. Satellitengesteuertes Pflügen schon seit Jahren gang und gäbe. Die Klimatisierung der Ställe, die Fütterung von Kühen, Schweinen oder Geflügel, die Milchqualität und vieles mehr – alles kann automatisch überwacht und geregelt werden. Bäuer*innen können mittlerweile viele Arbeiten über ihr Smartphone steuern. Und es kommen wöchentlich neue Erfindungen dazu.

Die Rolle des Menschen in der Wertschöpfungskette wird jedoch kleiner. Dies kann kritisch aber auch positiv bewertet werden. Denn wenn es bedeutet, dass Nahrung mit höherer Qualität hergestellt, dem Verbraucherschutz geholfen, gesundheitsschädliche Arbeit vermieden werden kann, kann man den Technikgewinn begrüßen. Jedoch ist die Rolle des Menschen im Umgang mit der Natur und den Tieren eine bedeutende. Die menschliche Entscheidung, und somit auch mögliches Eingreifen, muss möglich bleiben, wenn es darum geht, wie es dem Tier wirklich geht, welche Pflanzen auf den Feldern angebaut werden. Das Wissen dazu, darf nicht dem Digitalisierungsunternehmen alleine zu profitorientierten Zwecken überlassen werden.

Die massive Datensammlung sehen es als eine große Gefahr, wenn er nicht mehr Herr seiner Daten ist. Die Daten müssen den jeweiligen Bäuer*innen gehören. Der Datenschutz in der Landwirtschaft und die Möglichkeit der Bäuer*innen diese in ihren Händen zu behalten, sehen wir als substanzielle Aufgabe des Staates. Bäuer*innen müssen die Möglichkeit behalten, Anbieter zu wechseln, ihre Daten selber auszuwerten, mit ihren Daten umzugehen und sie zu behalten. Datenschutz in der Landwirtschaft bedeutet Freiheit der Landwirt*innen auch zukünftig ihre Arbeit eigenständig auszuüben.

Smart oder Digital Farming, Präzisionslandwirtschaft – das sind die Wunderworte der Zukunft. Im Koalitionsvertrag der Groko, wird ihr eine bedeutende Stellung eingeräumt und soll massiv gefördert werden. Präzisionslandwirtschaft setzt beispielsweise mittels Farblesetechnik über die Auswertung des Blattgrüns auf einen effizienteren Düngereinsatz, was Dünger und damit THG-Emissionen einsparen kann. Dafür sind aber sehr homogene Bestände nötig, die der Artenvielfalt oder Mischkulturen nur wenig Raum lassen. Die Technik ist bisher kaum darauf ausgelegt, mit vielfältigen Systemen wie Misch- oder Permakulturen umzugehen. Das ist ein deutliches Defizit.

Die App Trecker.com, eine Auswertung der landwirtschaftlichen Flächen mit Drohnen und Satelliten, eine detaillierte Kartierung der Bodenzusammensetzung durch engmaschige Probenentnahme – all das ist Alltag in der Landwirtschaft geworden. Und das mit den Versprechen die Produktivität zu steigern und gleichzeitig Gutes für die Umwelt zu tun.

Aber wir bleiben dabei – wirklich innovativ sind agrarökologische Systeme, die von sich aus stabil sind und gar nicht erst digitalisierte Technik benötigen, um Dünge- und Spritzmittel einzusparen.

Klar ist, die Digitalisierung wird die Landwirtschaft massiv verändern und wir GRÜNE wollen dabei die Rolle der Bäuer*innen stärken, die potenziellen Chancen erkennen, aber auch vor den Risiken warnen.

Die Digitalisierung wird die gesamte Wertschöpfungskette beeinflussen. Vom Kühlschrank der automatisch bestellt, über ‚digital shelves‘ (digitale Regale) und ‚smart warehouses‘ (intelligente Warenlager), sowie innovative Transportsysteme mit fahrerlosen Autos und Drohnen, welche die Nahrungsmittel angelehnt an den Bedürfnissen der Konsumenten verteilen. Die Start-ups stehen schon in den Startlöchern. Der Weg vom Erzeuger zum Kunden wird flexibler und vielleicht auch passgenauer und ressourcenschonender.

Einziges Problem seitens der neuen Start-ups und alten Agriunternehmen bleibt jedoch, dass Landwirt*innen kein Vertrauen in die sogenannte Zusammenarbeit zeigen. Durch gemeinsame massive Werbung wird dann versucht die Landwirt*innen von den Vorteilen des Digital Farmings zu überzeugen. Die Risiken werden dabei zu gerne verschwiegen und es ist Aufgabe der Politik aber auch der Verbände, für Transparenz und Datenschutz zu sorgen. Die Argumente von SAP, Bayer oder John Deere, um nur einige Agrofirmen zu nennen, behaupten gebetsmühlenartig: die Digitalisierung ist nötig um in Zukunft 10 Milliarden Menschen zu ernähren. Das weisen wir entschieden zurück! Die Welternährung ist eher ein Verteilungsproblem als ein Quantitätsproblem, denn wir haben bereits genug Nahrung zur Verfügung. Vor allem die Entwicklung kleinbäuerlicher Landwirtschaft in Entwicklungsländern mit agrarökologischen Methoden zeigen vielerorts Erfolge. Und hochtechnische Erfindungen braucht dort keine Landwirt*in, wenn nicht Wasser, Erosionsschutz oder der Zugang zur Vermarktung gegeben ist.

Eins ist klar: Hochtechnisierte Landmaschinen können sich nicht alle leisten und wird das Wachsen und Weichen beschleunigen. In den nächsten 30 Jahren werden vorrausichtlich 150.000 Landwirte ihren Betrieb aufgeben, laut einer Studie der Rentenbank. Wir GRÜNE sind der Meinung, dass eine vielfältige, regionale, im Einklang mit der Natur arbeitende Landwirtschaft essenziell für eine gesunde Ernährung aber auch für den Klimaschutz und die Biodiversität ist. Digital Farming darf nicht bedeuten, dass noch mehr monotoner Ackerbau und noch weniger Lebensqualität für Tiere entstehen.

Wir wollen die Chancen der Digitalisierung für eine höhere Lebensqualität in allen Bereichen nutzen. Wir wollen aber gleichzeitig für gesunde Nahrung aus einer gesunden Natur kämpfen und da ist die ökologische Kreislauflandwirtschaft unser Standard.

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